Kein Recht auf Kopie sämtlicher Arbeits-E-Mails
Höhere Abfindungen erwirken dank DSGVO?
Das BAG (Bundesarbeitsgericht) entschied, dass ein Arbeitnehmer nicht fordern kann, dass ihm sein früherer Arbeitgeber eine Kopie seines kompletten E-Mail-Schriftverkehrs von ihm und über ihn herausgeben kann. Auf diese Weise schiebt das BAG einer neuen Vorgehensweise von Arbeitnehmern einen Riegel vor, mit der ehemalige Beschäftigte in Kündigungsschutzprozessen Druck auf ihren ehemaligen Arbeitgeber ausüben, um eine höhere Abfindung zu erhalten.
Am 27. April 2021 ist vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) ein Arbeitsrechtsprozess zu Ende gegangen, bei dem über die Reichweite des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs gemäß Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eines Beschäftigten gegenüber seinem Arbeitgeber entschieden wurde (Az. 2 AZR 342/20). Die Entscheidung ist durchaus als richtungsweisend zu bezeichnen.
Diese aktuell heißdiskutierte Thematik in Bezug auf eine Kündigung wird immer mehr von ehemaligen Mitarbeitern gegenüber ihrem Arbeitgeber (aus)genutzt, um eine höhere Abfindung zu erwirken.
DSGVO als Druckmittel – Ist das wirklich erlaubt?
Die DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) räumt Schadensersatzklagen im Hinblick auf die Verletzung personenbezogener Daten mehr Möglichkeiten ein. Allerdings muss man sich vor diesem Hintergrund die Frage stellen, ob es um Daten und Informationen der betroffenen Person geht, die sich um die Verarbeitung dieser drehen oder ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen“ (Art. 4 Nr. 1 DSGVO) herauszugeben. Darunter fällt beispielsweise jede einzelne dienstliche E-Mail, die ein Arbeitnehmer schreibt oder empfängt. Eben genau diese Ansprüche und Forderungen wegen unrichtiger oder unvollständiger Auskunft oder Übermittlung von Kopien der gespeicherten personenbezogenen Daten werden immer häufiger als Druckmittel gewählt, um so im Falle einer Entlassung eine höhere Abfindung zu erwirken.
Gleichzeitig dient die Forderung zur Auskunftserteilung nicht nur als Druckmittel, um eine höhere Abfindung zu erhalten, sondern auch zur Beschaffung von Unternehmensinformationen, die der entlassene Arbeitnehmer in einem Arbeitsgerichtsprozess zu seinem Vorteil verwenden kann. Denn bei datenrechtlichen Verstößen, die von der Aufsichtsbehörde festgestellt werden, müssen Arbeitgeber mit hohen Abfindungen und Schadensersatz mit zusätzlichen Bußgeldern rechnen. Der Datenrechtsverstoß kann dabei auch völlig unabhängig zu dem arbeitsrechtlichen Fall stehen und somit lediglich als Druckmittel dienen.
Ehemaliger Mitarbeiter forderte kompletten E-Mail Schriftverkehr, der ihn betraf
Der Kläger war bei dem beklagten Unternehmen in der Zeit vom 01. – 31. Januar 2019 als Wirtschaftsjurist beschäftigt. Seitens des Arbeitsgebers wurde das Beschäftigungsverhältnis gekündigt. Daraufhin verlangte er alle über ihn gespeicherten personenbezogenen Daten, sowie eine Kopie sämtlicher E-Mails, die ihn betrafen, inklusive dem gesamten E-Mail-Verkehr zwischen ihm und dem Arbeitgeber. Die Klage auf Erteilung einer Kopie der personenbezogenen Daten des Klägers hat das Arbeitsgericht abgewiesen.
In diesem Fall hätte er seinen Anspruch näher benennen müssen. Die beanspruchten Mails müssten so genau benannt werden, dass im Vollstreckungsverfahren unwiderlegbar sei, auf welche sich eine Verurteilung beziehe (BAG, Urteil vom 27.04.2021, Az. 2 AZR 342/20).
Dabei ließ das BAG offen, ob das Recht auf Überlassung einer Kopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO auch die Erteilung eines Duplikats von E-Mails umfassen könne. Wenn überhaupt ein solcher Anspruch bestehe, müsse dieser entweder mit einem hinreichend bestimmten Klagebegehren (iSv. § 253 Abs. 2 Nr.2 ZPO) oder, wenn dies nicht möglich sein sollte, mittels der sog. Stufenklage (§ 254 ZPO) geltend gemacht werden. Daran fehlte es hier allerdings.