Der streitige „Kneipenzettel“, das sog. „Barvermögen“ und weitere wiederkehrende Streitfragen im Zusammenhang mit der Errichtung des sog. privatschriftlichen Testamentes beschäftigen regelmäßig die Gerichte, wo dann abschließend zu klären ist, welcher tatsächliche Wille des Testierenden bestand.

Exemplarisch sollen mit diesem Beitrag zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts Oldenburg behandelt werden:

 

In einem Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins hatte das Gericht u.a. darüber zu entscheiden, ob die Verwendung von ungewöhnlichem Schreibpapier (hier: Kneipenblock) gegen einen ernsthaften Testierwillen spricht (OLG Oldenburg, Beschl. V. 20.12.2023 – 3 W 96/23).

Als Mindestvoraussetzung für ein formwirksames eigenhändiges Testament legt das Gesetz fest, dass es eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein muss (§ 2247 Abs. 1 BGB). Zusätzlich sollte die Unterschrift mit Vor- und Nachnamen versehen sowie Ort und Datum der Testamentserrichtung enthalten sein (§ 2247 Abs. 2, 3 BGB). Fehlen Vor- und Nachname sowie Ort und Zeit ist allerdings nicht zwingend schon von einer Unwirksamkeit auszugehen. Dies ist aber für jeden Einzelfall zu prüfen.

Der hier für die Errichtung des Testaments verwendete Kneipenblock enthielt all diese Angaben. Das Oberlandesgericht hatte aber darüber zu entscheiden, ob der verwendete Kneipenblock gegebenenfalls nur einen Testamentsentwurf darstellt. Nach durchgeführter Zeugenvernehmung und Anhörung der durch das Testament Begünstigten kam das Gericht zu dem Schluss, dass alleine der Umstand, wonach sich das formgültige Schriftstück auf einer ungewöhnlichen Unterlage befindet (z.B. Notizzettel, Briefumschlag), nicht den zwingenden Schluss zulässt, bei dem Schriftstück handele es sich nur um einen Entwurf (so auch OLG München NJW-RR 2020, 329). Das Gericht ist auch nicht der Argumentation gefolgt, wonach das Schriftstück keine verbindliche letztwillige Verfügung darstelle, so dass letztlich ein entsprechender Erbschein erteilt wurde, der die Begünstigte als Alleinerbin auswies.

 

In einem weiteren Fall hatte sich das Oberlandesgericht Oldenburg mit der Frage zu beschäftigen, was unter dem Begriff eines im (hier sogar notariellen) Testament verwandten Wortes „Barvermögen“ zu verstehen ist.

Während der BGH in einer Entscheidung vom 22.10.1975 (IV ZR 17/74) die Begrifflichkeit des Wortes „Barvermögen“ im Zusammenhang mit einer konkret bezeichneten Bank dahingehend auslegte, dass darunter auch die im Depot dieser Bank liegenden Wertpapiere zu verstehen sind (da eben die konkrete Bank benannt war), vertrat das OLG Karlsruhe im Jahre 2007 die Auffassung, dass der Begriff „Bargeld“ auch frei veräußerliche Kapitalanlagen (so auch das BayObLG sowie das OLG Düsseldorf) umfasst, nicht aber Beteiligungen an einem geschlossenen Immobilienfonds.

Das OLG München vertrat in einer Entscheidung aus 2022 wiederum die Auffassung, „vorhandenes Bargeld“ könne auch auf Bankkonten liegendes Geld erfassen, dieses aber tatsächlich ersichtlich unbar sei und dieser Begriff wohl eher als physisch vorhandene Münzen und Scheine zu verstehen sei.

 

Vorstehende Entscheidungen nebst weiterer Kommentierungen dargestellt und ausgeführt in Beck-online RNotZ 2024, 341.

 

Das Oberlandesgericht Oldenburg stellte nun in einem Urteil vom 20.12.2023 (3 U 8/23) klar, dass der Begriff des Barvermögens heutzutage das gesamte Geld, das sofort, also auch über eine Kartenzahlung, verfügbar ist, umfasst. Wertpapiere fallen danach nicht unter den Begriff des Barvermögens, diese seien vielmehr durch den erweiterten Begriff des Kapitalvermögens mit abgedeckt, der das Barvermögen einschließlich weiterer Kapitalwerte in Geld beschreibe.

Die Verwendung von Bargeld im eigentlichen Sinne sei heute bei Weitem nicht mehr in dem Maße üblich, wie dies früher einmal der Fall gewesen sei. Durch die vermehrte Kartenzahlung habe sich damit auch die Verkehrsanschauung des Begriffes „bar“ verschoben, er umfasse heutzutage das gesamte Geld, das sofort, also auch über eine Kartenzahlung verfügbar sei.

Nach dieser Entscheidung wurde der Klägerin neben dem ihr zugewandten Bargeld auch der Anteil an dem Bankguthaben, nicht aber die Genossenschaftsanteile und die Wertpapiere zugesprochen.

 

Fazit: Die in diesem Beitrag beschriebenen Urteile zeigen zum einen, dass das Vorhandensein eines Testierwillens je nach verwendetem Schrift-Dokument auslegungsbedürftige Probleme aufwerfen kann. Zum anderen verdeutlichen sie, dass auch der Inhalt eines Testaments selbst vielfach Unklarheiten mit sich bringen kann, die nach Eintritt des Erbfalls oftmals Streitigkeiten nach sich ziehen.

Daher sollte bei Abfassung eines Testaments immer genauestens darauf geachtet werden, was der Bedachte im Einzelnen erhalten soll; sinnvollerweise sollte ein Notar beauftragt werden, der gemäß § 17 Abs. 1 BeurkG den Willen der Beteiligten zu erforschen und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiederzugeben, insbesondere Irrtümer und Zweifel zu vermeiden hat. Dabei entstehende Kosten werden in der Regel insoweit zugunsten des Erben wieder erspart, als dieser dann keines kostenpflichtigen Erbscheines bedarf und sich auch weitere Behördengänge etc. ersparen kann.